Ein Stuhl am Wochenende: Machen
Dustin Jessen, 2018
Einen Stuhl an einem Wochenende zu entwerfen und herzustellen, ist ein nahezu unmögliches Unterfangen und das Scheitern scheint vorprogrammiert. Ergänzt man die Aufgabe jedoch um ein paar Rahmenbedingungen, erscheint die Sache etwas machbarer. Die für die Teilnehmer*innen zur Verfügung gestellten Materialen sollten nach Möglichkeit so eingesetzt werden, dass sich die schwarzen MDF-Zuschnitte in den zum Körper zugewandten Flächen wiederfinden, während die sägerauen Dachlatten als konstruktives Element dienen sollten. Wenige Werkzeuge, wie Akkuschrauber und Handgehrungssäge, bestimmten den handwerklichen Verarbeitungsprozess und schränkten den gestalterischen Aktionsradius ebenso ein, wie die phosphatierten Schnellbauschrauben, die als einzige Verbindungslösung zugelassen waren. Diese Rahmenbedingungen verfolgten keinen Selbstzweck, sondern hatten zum Ziel, dass sich die Teilnehmer*innen weniger grundlegende Gedanken zu Material und Verarbeitung machen sollten, als sich vielmehr mit der gewünschten Interaktion mit dem zu gestaltenden Möbelstück und dessen Sitzangebot auseinanderzusetzen.
Ein Vortrag zur Kulturgeschichte des Sitzens lieferte einen ersten Impuls für diese Auseinandersetzung. Die simplen Materialien und deren niederschwellige Bearbeitungsmöglichkeit sorgten dafür, dass Ideen unmittelbar im Realen und als schnelle „dreidimensionale Skizzen“ in Bezug zum eigenen Körper überprüft und weiterentwickelt wurden. Dass sich aus Dachlatten innerhalb kürzester Zeit besitzbare Modelle bauen lassen, die Erkenntnisse zum Komfort, ein Gefühl für die Stabilität der Konstruktion und einen Eindruck zu den Proportionen eines Entwurfs liefern, ist eine Erfahrung, die sich nur über das Machen machen lässt. So waren am Ende des abschließenden zweiten Tages sowohl die Teilnehmer*innen als auch die Lehrenden und Organisator*innen des Workshops erstaunt über die Produktionsmenge und die individuelle Qualität der vielfältigen Ergebnisse, die auf Grund der einheitlichen Materialität dennoch eine gute Vergleichbarkeit zuließen. Auf den folgenden Seiten können Sie selbst diese Ergebnisse vergleichen und bekommen einen Einblick in deren Entstehungsprozess – viel Freude dabei!